Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – weniger Kompressionsdruck, höhere Akzeptanz!
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – Die chronischen Venenerkrankungen am Bein (CVI) gehören zu den häufigsten Erkrankungen der Weltbevölkerung. Allein nur Deutschland betrachtet, leiden ca. 25% aller Frauen und 20% aller Männer an der CVI. Dabei ist die Häufigkeit und Schwere dieser Erkrankung mit dem Alter der Menschen zunehmend.
Die Risikofaktoren der chronischen Venenerkrankungen am Bein sind deshalb in erster Linie das Alter der Patienten und eine postive Familienanamnese im Sinne der Vererbung einer bindegewebigen Venenwandschwäche. Dazu kommen des Weiteren Fettleibigkeit und Adipositas. Auch Schwangerschaften und Hormontherapie mit Östrogenpräparaten spielen eine grosse Rolle.
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – Pathologische Faktoren und Symptome der CVI
1. Mechanische Behinderung des venösen Rückstroms (Venenverschluss, Zustand nach Thrombose)
2. Defekte Venenklappen des tiefen Venensystems (Leitveneninsuffizienz)
3. Defekte Venenklappen von Verbindungsvenen zwischen Haut – und tiefem Venensystem
4. Defekte Venenklappen des Hautvenensystems (subfaszial / epifaszial)
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen venösem und lymphatischem Abtransport aus den Beinen, da das Venensystem, lymphatisches System und der Gewebezwischenraum im Gesamtbild des sog. Niederdrucksystems eine funktionelle Einheit bilden. Etwa ein Drittel des gesamten Filtrationsvolumens wird durch die Lymphgefäße reguliert. Kommt es zu einer Störung der als Sicherheitsventile wirkende Verbindungsvenen (im Rahmen der Krampfaderbildung), entwickelt sich zunächst ein venöses Ödem gefolgt von einem Lymphödem.
Aber auch äußere Faktoren beeinflussen den veno – lymphatischen Rückfluss: Orthopädische Erkrankungen (Spreiz – / Senkfuss, Sprunggelenkarthrosen etc) können ebenso eine Ursache der Störung des Rückflusses sein, wie auch angeborenen Venenwandschwächen. Die sich daraus entwickelnden Krampfadern führen über gleiche Mechanismen zu irreversiblen Schädigungen des gesamten peripheren Niederdrucksystems. Es entwickelt sich ein venöser Rückstau mit permanent erhöhtem Kapillardruck von ca. 100 – 110 mmHg. Dieser permanent erhöhte Kapillardruck stört somit die gesamte lokale arterielle und venöse Mikrozirkulation. Daraus entsteht das Venenödem, gefolgt vom Lymphödem mit Störungen in der Transportkapazität sowohl in den Venen als auch Lymphgefäßen.
Die Folgen sind schwere Schädigungen der Haut, Verlangsamung der Blutströmung, Verletzungen der Veneninnenwände und erhöhter Gerinnbarkeit des Blutes mit dem Risiko einer Thrombose der tiefen Venen. Daneben sind die o.g. Symptome Schweregefühl, Schwellneigung, Unruhe in den Beinen und Ruhekrämpfe für den Berufstätigen außerordentlich belastend. Somit ergibt sich eine Notwendigkeit zur symptomatischen und prophylaktischen Therapie.
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – Die Therapieoptionen der CVI
Wir unterscheiden hierbei konservative und operative Maßnahmen sowie begleitend allgemeine Maßnahmen.
Zu den konservativen Maßnahmen zählt eine regelmäßige Kompressionstherapie mittels Strumpf und Hautpflegemitteln. Daneben sind physiotherapeutische Maßnahmen, wie z.B. die manuelle Lymphmassage, ausgesuchte sportliche Übungen und auch die Balneotherapie zu nennen. Die medikamentöse Therapie steht eher im Hintergrund.
Die operativen Maßnahmen gliedern sich in radikalchirurgische Techniken (Stripping, Herausziehen, Unterbinden, endoskopisch chirurgische Therapie von Verbindungsvenen) und endovenöse Techniken mittels Kathetertherapie oder chemischer Therapie.
Daneben sollten auch Therapieoptionen zum Tragen kommen, die nicht primär die Krampfadern behandeln. So gilt Gewichtsreduktion beim Adipösen, Gehtraining unter besonderer Beachtung der Beweglichkeit des Sprunggelenkes sowie eine belastungsadaptierte Kompressionstherapie (Reisen, stehender/sitzender Beruf) als symptomatische Therapie.
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – ist hoher Kompressionsdruck immer besser?
In den letzten Jahren hat sich in Fachkreisen ein spürbarer Wandel bei der Indikation zur Kompressionstherapie vollzogen, Galt noch vor 10 Jahren das Prinzip, bei jeder Krampfader gleich Kompressionsstrümpfe der Klasse 2 und beim Lymphödem Klasse 3 zu verordnen, so gilt heute eher das Gegenteil. Wir gehen weg von den unpraktischen, schwer zu tragenden, einschränkenden, schlecht sitzenden und festen Kompressionsstrümpfen hin zu leichteren Formen der Kompression. Dies gilt sowohl bei alleiniger Kompression, als auch bei Kompression nach therapeutischen Eingriffen am Venensystem.
Wir haben vor 5 Jahren begonnen, unser Verordnungsregime dahingehend zu verändern, dass Patienten mit leichter CVI und nach endovenösen Eingriffen mittels Mikroschaum oder Venenkleber mit dem besser tragbaren und subjektiv als wesentlich angenehmer empfundenen Kompressionsstrumpf der Klasse 1 zu behandeln. Dies gilt im Wesentlichen auch für alle älteren Patienten.
Natürlich hängt dieses „down grading“ immer vom individuellen klinischen Befund der CVI und der Varicosis ab, jedoch haben wir ein positives feed back bekommen. Bei gleich guten post op Verläufen berichten die Patienten sehr viel positiver, klagen nicht mehr über Druckschmerz und Problemen beim Tragen der strafferen Strümpfe. Auch sind die Schwierigkeiten des älteren Patienten beim Anziehen der Strümpfe kein wesentliches Thema mehr in den Praxisgesprächen
Bei Lymph – und Lipödemen präferieren wir inzwischen die Kompressionsklasse 2 und verordnen dazu zusätzlich regelmäßige Lymphmassagen oder führen sie selbst durch.
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – Prophylaxe bei sitzenden / stehenden Berufen
Die Kompression erzielt in erster Linie eine prophylaktische Wirkung. Alle Patienten mit sitzenden oder stehenden Berufen, oder auch mit ausgeprägter Reiseaktivität via Flugzeug erhalten von uns Kompressionsstrümpfe zwischen 17-20 mm Hg. Diese werden von verschiedenen Herstellern als sog. Reisestrümpfe auch angeboten.
Wir stellen hier seit 4 Jahren in unseren beiden Venenzentren ein deutlich steigendes Interesse an dieser Form der leichteren Kompressionstherapie fest. Die Patienten sind außerordentlich zufrieden mit dieser leichteren, bequemeren und gerade auch für ältere Patienten viel besser realisierbaren Art der Kompressionsstrumpftherapie und beschreiben die positiven Effekte in beeindruckender Weise.
Auch die Akzeptanz der Kompressionstherapie konnte mit dieser Veränderung der Behandlungsstrategie erheblich verbessert werden.
Saphenion®: Kompressionstherapie beim älteren Patienten – unsere Schlussfolgerungen:
Im Rahmen unserer nunmehr 25 – jährigen Arbeit vorranging im Fachgebiet der Venenheilkunde haben wir in der Arbeit mit unseren Patienten folgende Erfahrungen auf dem Gebiet der Kompressionstherapie gemacht:
- Patienten über 60 Jahren brauchen häufiger Hilfe bei der Kompressionstherapie. Bei bis zu 20% der betroffenen Patienten muss eine Zweitperson die Strümpfe anziehen. Auch wird über Beschwerden beim Tragen der Kompressionsstrümpfe ab Klasse 2 berichtet.
- Bei ältere Patienten ist besonders auf Material / Länge und Kompressionsklasse der Strümpfe zu achten. Wir bevorzugen nach therapeutischen Eingriffen (Kathetertherapie, Mikroschaumtherapie) die Kompressionsklasse 1, ggf. als Halbstrumpf.
- Übergewichtige Personen brauchen beim Anziehen der Kompressionsstrümpfe häufiger Hilfe von einer Zweitperson. Kompressionsstrümpfe führen häufiger zu Einschnürungen.
Deshalb gilt in unseren Praxen, daß bei Patienten über 60 Jahren und auch bei übergewichtigen Patienten eine leichtere Kompressionsklasse gewählt werden sollte. Stellt das Anziehen von Kompressionsstrümpfen ein Problem dar, sollte wann immer möglich ein Strumpf aus weichem dehnbarem Material verordnet werden. Das Anziehen wird dadurch erleichtert.
Wenn das Gewebe sehr weich ist, z.B. bei starkem Übergewicht oder bei einem Lymphödem können flachgestrickte Strümpfe den besseren Tragekomfort ohne ein Einschneiden der Haut bieten.
Für die prophylaktische Kompressionsstrumpftherapie sollten, wenn möglich, Halbstrümpfe der Klasse 1 oder leichter gewählt werden.
Fotos: Utzius
Literatur / Links:
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https://www.der-niedergelassene-arzt.de/publikationen/zeitschriften/vasomed/aktuelle-ausgabe
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