Charité – Chirurg Professor Helmut Wolff:
Nachruf auf einen unbequemen, konsequenten und hoffnungslos leidenschaftlichen Chirurgen.
Das war er, als ich ihn damals, 1978, als 18 – jähriger Oberschüler im großen Sauerbruch – OP in der Alten Chirurgischen Klinik der Charitè kennenlernen durfte – er als neuer Direktor der Chirurgischen Klinik der Charité – ich als Oberschüler und Hilfspfleger im OP. Wolff war ganz neu in Berlin, hatte zuvor in Dresden die ersten drei Lebertransplantationen in der DDR durchgeführt
Und das war er, als ich ihn 1987 als junger Assistenzarzt der Chirurgie an der Charité wieder traf – er der bekannteste Chirurg der DDR, Wegbereiter der Leber – Bauchspeicheldrüsen – und Herztransplantation im Ostteil des heutigen Deutschland – ich nach dem Staatsexamen und gerade bereit zur Verteidigung der Doktorarbeit.
Unvergesslich wird mir bleiben, wie er meine Eltern an die Hand nahm und mit ihnen gemeinsam in den Hörsaal zur Verteidigung kam, unvergesslich auch, dass er mir den Zeigestock bei meinem Vortrag immer wieder hinterher trug, weil ich in meiner unendlichen Aufregung Diesen immer irgendwo auf dem Podium liegen ließ.
Unvergesslich auch seine Zornesausbrüche im OP, wenn wir entweder zu spät waren oder uns beim chirurgischen Händewaschen ein Fehler unterlief.
Unvergeßlich seine Leidenschaft und Arbeit für die Transplantationschirurgie – Tag und Nacht, und sein Kommandoton hallte durch das ganze neue Hochhaus der Charité – denn diese Leidenschaft verlangte er von Jedem der 90 Chirurgen an der Klinik. Das hatte etwas Militärisches, aber gleichzeitig auch etwas so Menschliches, wenn er bei den Visiten auf dem Bett der Patienten saß und Ihnen ausführlich die geplanten Prozeduren erklärte oder die durchgeführte Operation für den Laien verständlich aufzeichnete.
Lieber Gefäßchirurgie
Mich zog es nicht zur Transplantation – ich hatte schon sehr früh mich zur Gefäßchirurgie, zum Chef dieser Abteilung, Prof. Klaus Bürger, hingezogen gefühlt, aber Helmut Wolff als Chef der Klinik, daß war wie Feuer und Wasser, wie Whisky und Soda, das war unberechenbar und undenkbar interessant – sowohl fachlich, als auch menschlich.
Dutzende Assistenten aus seiner Chirurgenschule arbeiten heute als Chefärzte in Berlin und im gesamten Bundesgebiet. Dutzende arbeiten in eigener Praxis.
Wir hatten nach seiner Emeritierung 1992 nur selten Kontakt, dieser war aber immer sehr freundlich und von gegenseitiger Achtung geprägt.
Lieber Prof. Helmut Wolff – Ich sende Dir diesen Nachruf…
Vielen Dank und Ich denke in großer Hochachtung an Dich!
und nun heute auch ein Nachruf der Berliner Chirurgischen Gesellschaft, nachdem Prof. Wolff am 27.10. 17 verstorben ist…
Sehr geehrte Mitglieder der Berliner Chirurgischen Gesellschaft, Vereinigung der Chirurgen Berlins und Brandenburgs!
Mit großer Betrübnis nehmen wir den Tod unseres Ehrenmitgliedes Herrn Prof. Dr. med. Dr. h.c. Helmut Wolff zur Kenntnis.
Im Anhang finden Sie einen von Herrn Prof. Dr. Hans Lippert und Herrn Prof. Dr. Klaus Gellert formulierten Nachruf, der das Leben und die Erfolge eines Mannes darstellt, der sich große Verdienste um die Chirurgie in Deutschland erworben hat und der sich ganz im Besonderen für die Berliner Chirurgische Gesellschaft eingesetzt hat.
Die Berliner Chirurgische Gesellschaft wird ihn im Andenken bewahren.
Mit freundlichen Grüßen
Prof. Dr. med. Thomas Steinmüller
Mein aufrichtiges Beileid der Familie Wolff. Herr Wolff war für mich wie eine Vaterfigur. Ich konnte mit
Herrn Wolff über alles sprechen. ( egal was ) Ich selbst wurde von Herrn Wolff im Juni 1986 Transplantiert. Schade wollte Ihn immer Wiedersehen habe Ihn aber nicht gefunden. ( durch die Wende )
Ich werde immer an Ihn denken!!!
Danke Ihnen Her Werder! Finde ich gut, dass Sie auch diesen offiziellen Weg wählen…
Mit tiefer Betroffenheit habe ich vom Ableben Professor Dr. Wollfs gehört.
Er entfernte 1976 in Dresden bei mir einen gutartigen, männerfaustgroßen- laut Freiberger Ärzte inoperablen- Tumor, der zwischen den Blutgefäßen des Dünndarms lag. Dabei wurden 1,10m desselben entfernt.
Man nannte ihn den „Arzt mit den Goldenen Händen“.
Meine Dankbarkeit wird nie ein Ende nehmen.
Er hat in meinem Herzen einen festen Platz. Heidi Golczyk
16.07.2019
Liebe Frau Golczyk, Vielen Dank für Ihren Kommentar – Prof. Wolff hat auch mich in meiner Zeit an der Charitè beeindruckt und beeinflusst – leider musste nach seinem Ableben sein Tun erst auf einer einfachen Arztwebsite gewürdigt werden, ehe die Deutsche – und Berliner Chirurgengesellschaft würdigende Worte fanden…beschämend und für die Zeit typisch. Umso wichtiger sind die dankbaren Patienten, welche darüber auch berichten, egal wie und egal wo!
Ich, aus dem Westen, lebte 1993 in Berlin. Ich hatte Professor Wolf ausfindig gemacht und rief ihn zuhause an. Es ging um die Frage einer Operation, ein Arzt im Westen stellte die Indikation. Über alle Maßen hilfsbereit und mit menschlicher Wärme begegnete Prof. Wolf mir. Er sei seit kurzem Rentner, aber er würde mich bei sich zuhause untersuchen. Diese Liebenswürdigkeit alleine hatte mich damals beruhigt. Bei meinem Besuch erlebte ich sie wieder. Ruhig, völlig bescheiden, hörte er mir lange zu, danach folgte die Untersuchung, die er nur mit seinen Händen tastend vornahm. Er sagte mir klar, dass es eine Indikation für eine Operation nicht gibt. Dann unterhielten wir uns vielleicht noch eine Stunde lang. Ich erlebte ihn im Hinblick auf sein Ausscheiden als Chefarzt der chirurgischen Klinik der Charité als verletzt und traurig. Das verstand ich. Ihm ist im Kontext der Wende großes Unrecht geschehen. Ich war völlig solidarisch mit ihm. Eine Rechnung für seine Tätigkeit hat er mir nie geschickt. Wir sind uns danach nie wieder begegnet. Ich kann nur sagen: Was für ein großer Mann! Was für ein feiner Mensch! Ein Arzt, wie ich ihn noch nie zuvor erlebt hatte.! Danke, Herr Professor, für diese wunderschöne Begegnung, die ich niemals vergessen werde! R. I. P.
Tübingen, den 12. Oktober 2019
Gert Postel
E-Mail: postel@berlin.de
Lieber Herr Postel – ich danke Ihnen für diesen Kommentar! Sie beschreiben die Situation und den Menschen sehr gut! Und zeigen uns gleichzeitig, wie teilweise beschämend in der Gegenwart mit Patienten und Ärzten gleichermaßen umgegangen wird.
Ganz aktuelles Beispiel: Mein Vater, 85 Jahre alt, musste vor 2 Tagen im Virchow – Klinikum Berlin 6 Stunden verharren in einem Rollstuhl, um ein Bett zu bekommen für eine Routine-Untersuchung. Kein Mensch hat sich gekümmert, keine Schwester, kein Arzt – hier ist der Begriff Ware wohl schon angebracht.
Und deshalb ist es immer wieder wichtig, sich daran zu erinnern, wie es war und wie es sein muß!